Dienstag, 16. Oktober 2012


Beginnen wir mit der Wohnung von Barney Stinson. Er nennt sie „das Herz von Junggesellenland“. Für alle, die noch nie die sehr lustige Serie „How I Met Your Mother“ über fünf New Yorker im heiratsfähigen Alter gesehen haben und daher nicht wissen, wer Barney Stinson ist: Er ist ein Verführer auf Dauerpirsch und überzeugter Single. Barney muss keiner Frau sagen, dass sie ihr Nest woanders bauen soll, sein Apartment erledigt das.
Und zwar so: Kingsize-Bett mit riesiger Decke im Schlafzimmer, doch nur ein Kissen; im Bad kein zweites Handtuch, kein Föhn, aber eine Klobrille, die man nicht runterklappen kann. Für jene nächtlichen Besucherinnen, die dennoch versuchen, dort ihr Kontaktlinsendöschen zu deponieren, hat Barney im Flur eine riesige, eigens angestrahlte Bibliothek mit Porno-Videos angelegt. Sie dient der finalen Abschreckung. Das alles ist so maßlos übertrieben, dass man als Ideengeber einen sympathischen Drehbuchschreiber vor Augen hatte, der Barneys Machismo mit feiner Ironie als Bindungsangst zu entlarven gedachte. Doch nun stellt sich heraus, dass kein geringerer als Hugh Hefner der gedankliche Vater von Barneys Wohnung ist. Ihm ist Humor fremd, wenn es um Frauen geht.

Ganz ohne eheliche Fesseln

Das dürfte niemanden überraschen, der auch nur eine entfernte Ahnung hat, wovon Hefners „Playboy“ so handelt. Für die spanische Genderforscherin und Queer-Ikone Beatriz Preciado war „Playboy“ aus diesem Grund auch lange nur „das Magazin nackter Mädchen mit Häschenohren“. Dann aber suchte sie sich in der Bibliothek „Playboy“-Hefte aus den fünfziger und sechziger Jahren heraus und sezierte sie mit dem theoretischen Werkzeug von Denkern wie Michel Foucault, Judith Butler und Sigfried Giedion. In ihrem Buch „Pornotopia“ präsentiert sie das Ergebnis: Das Magazin legte den Grundstein für eine maskulin-sexuelle Revolution, doch nicht, indem es dem amerikanischen Mann im Monatsrhythmus Nacktfotos zur Verfügung stellte. Nein, es geht der Wissenschaftlerin tatsächlich um jene von Männern gerühmten und gern als Kaufgrund des Magazins angeführten Texte (was wir stets als billige Ausrede empfunden haben): Die revolutionäre Waffe von Hefner waren Reportagen über Architektur.
Sie stellten den Lesern neue, von ehelichen Fesseln befreite Orte des Rückzugs und der Selbstentfaltung vor, quer zu dem Geschlechterbild, das die Medienmaschine damals bediente: Im Amerika des Kalten Krieges ist der ideale Mann weiß, heterosexuell und verheiratet, er wohnt in einem Häuschen in der Vorstadt, seine Frau organisiert als unbezahlte Vollzeitkraft den Haushalt. Morgens fährt er gutgelaunt mit seinem Auto ins Büro. Er arbeitet, um Frau und Nachwuchs zu ernähren. Je mehr Kinder er hat, desto besser. Amerika soll stark sein im Angesicht des sowjetischen Feinds.

Aufklappbares Aktfoto von Marilyn

Diese monogame Vorstadtidylle - in den Augen Hefners ist sie die Hölle auf Erden - bringt der „Playboy“ gehörig durcheinander. Er entwirft neue Formen des Empfindens, des Begehrens, und der sexuellen Praxis, die mit der Ethik des Familienversorgers etwa so viel zu tun haben, wie die Essgewohnheiten eines Vielfraßes mit denen eines Eichhörnchens. Es ist eine Kampfansage an das traute Familienleben; eine Schlacht, die „Playboy“ auf dem Feld der Designobjekte und Architektur gewinnen will. Anders als beim Feminismus soll die Befreiung nicht in der Aufgabe der Häuslichkeit bestehen, sondern in der Erschaffung eines nur dem Mann zugedachten häuslichen Raums - auch wenn dieser vorerst nur gedanklich existiert.
Die erste Ausgabe von „Playboy“ erscheint im November 1953. Der Erfolg ist überwältigend. Das Heft wird 50 000 mal verkauft. Die Männer stehen am Kiosk Schlange, nicht wegen des Artikels über Jazz, der Ehebruchgeschichte aus dem „Dekameron“ oder der Glosse über die Finanzlast bei Scheidungen. Es ist die nackte Marilyn Monroe, die begeistert, und wie „Playboy“ sie präsentiert: Hugh Hefner layoutet das Aktfoto als aufklappbares, herausnehmbares Poster. Diese Technik, mit der man heute nicht einmal mehr „Bravo“-Leser erregen kann, war damals neu und absolut unerhört. Räume der Tugend wurden mit der nackten Marilyn Monroe infiltriert, Begierden geweckt, die der rechtschaffene Mann laut viktorianischer Sexualmoral gar nicht haben sollte - und wenn doch, dann bitte nur privat. „In Wirklichkeit meißelte ,Playboy’ im virtuellen Steinbruch der amerikanischen Popkultur an einer neuen Seele“, urteilt Preciado. Es ist die Seele eines Wesens, das eiskalt mit Moral und Frauen jongliert. Doch wo soll es wohnen?
Den Grundstein für das Habitat, des neuen amerikanischen Mannes legt „Playboy“ in seiner zweiten Ausgabe im Dezember 1953. Das Magazin nennt sich nun Zeitschrift des Innenraums. Hefners Leitartikel ist ein „Manifest zur Befreiung des Mannes von der häuslichen Ideologie“. Hefner schreibt darin: „Derzeit spielen sich alle Männermagazine im Freien ab, zwischen Gestrüpp und Dornen oder in den wilden Gewässern der Stromschnellen. Auch wir werden diese Gegenden von Zeit zu Zeit aufsuchen, aber wir kündigen gleich an, dass wir die meiste Zeit in unseren vier Wänden verbringen werden. Wir lieben es, daheim zu sein.“

Anlocken, verführen - und evakuieren

Und so enthält jede Ausgabe der folgenden zehn Jahre eine Reportage (meistens fiktiv) über die Sonnenseiten des Junggesellendaseins. Da die Geschichten immer drinnen spielen, kreiert das Magazin eigene Design- und Architekturentwürfe. Da ist der glamouröse Partylandsitz für das Wochenende, die Yacht, das futuristische Auto. Es sind „Ersatzheime, in denen ei

Montag, 8. Oktober 2012

Mobutuland


1972 nannte sich Mobutu dann auch selbst in "Mobutu Sese Seko Kuku Ngbendu wa za Banga" um, übersetzt etwa „Mobutu auf alle Zeit, der mächtige Hahn, der keine Henne unbestiegen lässt“.[1]
Mobutu Sese Seko Kuku Ngebendu wa za Banga, der "mächtige Hahn, der alle Hennen besteigt", war keiner der Tyrannen vom Schlage Idi Amins in Uganda oder des selbsternannten Kaisers Bokassa von Zentralafrika, die ihre Gegner von Krokodilen fressen oder ihnen die Schädel zertrümmern ließen. Kein Sadist, sondern ein eiskalter Abzocker, der die Korruption fast in den Rang einer Staatsdoktrin erhob.
Widerstand brach er nur im Notfall und zur Abschreckung mit Mord, so in seinen Anfangsjahren an der Macht, als er einige Rivalen, die ihm hätten gefährlich werden können, öffentlich hängen ließ. Viel lieber arbeitete er mit Beförderung und Bestechung.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Black steel in the hour of chaos

"I got a letter from the government, the other day / I opened and read it, it said they were suckers / they wanted me for their army or whatever"

Montag, 1. Oktober 2012